Stellungnahme zum Wissenschaftsplan 2025

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Nachdem der Wissenschaftsplan 2020 mit zahlreichen Kürzungen und nachteiligen Entwicklungen für die Studierenden verbunden war, will die senatorische Behörde für Wissenschaft diesmal alles richtig machen. Anstatt der Umstrukturierung aka. Streichung von Studiengängen erwartet uns vor dem Hintergrund des neu ausgehandelten Länderfinanzausgleich jetzt der große Wurf in der Wissenschaftspolitik. Das bedeutet vor allem: Mehr Geld für die bremischen Hochschulen.

Money, Money, Money

Diese Entwicklung begrüßen wir durchaus! Nach fünf Jahren Unterfinanzierung hat die Landesregierung endlich erkannt, dass es ein gutes Hochschulwesen nicht kostenlos gibt. Nur eine solide ausfinanzierte Hochschule kann ihren Studierenden hochqualitative Lehre bieten und so ein Ort sein, an dem sie gerne studieren. Ebenso sind wir erfreut, dass das Land Bremen die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt erkannt hat und nun darauf reagieren möchte, denn vor allem Studierende mit geringem Einkommen können inzwischen häufig nicht mehr auf dem privaten Wohnungsmarkt eine Bleibe finden. Über das Vorhaben des Landes, mehr Studierendenwohnheime zu bauen, sind wir deswegen sehr erfreut.

Lange überfällig: Die Reform der Bologna-Reform

Eine gute Uni zeichnet sich für die Studierenden weniger über ihre Erfolge in der Forschung aus, als über die Qualität der Lehre. Umso wichtiger und unterstützenswerter finden wir deswegen die Vorgaben des Landes in diesem Bereich. Die angesprochene Reform der Bologna-Reform ist längst überfällig und sollte so schnell wie möglich angegangen werden. Zu oft ist Prüfungsstress und stoffliche Überladung von Modulen der Grund, warum viele Studierende ihr Studium nicht zu Ende führen wollen oder können. Wir bekräftigen deswegen das Vorhaben des Landes, die Curricula vor allem im ersten Semester zu entzerren! Zu studieren bedeutet nicht, möglichst viel Wissen auswendig zu lernen und dann in einer Klausur wiederzugeben. Vielmehr sollte es darum gehen, die Inhalte von verschiedenen Seiten zu beleuchten, mit Vorwissen aus verschiedensten Bereichen zu verknüpfen und kritisches Denken anzuregen. Nur so kann nachhaltige Wissensvermittlung geschehen, die gleichzeitig die Studierenden zum Hinterfragen von vermeintlichen sicheren Tatsachen ermuntert. Die konsequente Verfolgung des Ansatzes ”Forschendes Lernen” unterstützen wir deshalb ausdrücklich, denn neben den bereits angesprochen Aspekten können die Studierenden von der Forschung an ihrer eigenen Hochschule profitieren und dieser selbst Impulse geben.

Eine Uni für alle

Positiv haben wir zudem die Bemühungen des Landes aufgenommen, die Hochschulen für möglichst viele Menschen zu öffnen. Dabei stehen im Wissenschaftsplan vor allem benachteiligte Gruppen im Fokus, die mit konkreten Förderprogrammen unterstützt werden sollen. Hierbei möchten wir unsere Position betonen, dass ein Studium für die Studierenden keine Kosten verursachen sollte. Dies bedeutet zum Beispiel auch, dass Sprachkurse für alle Studierenden kostenlos sein müssen, sind diese doch häufig Voraussetzung für das Einschreiben in bestimmte Studiengänge. Aber auch wenn keine Fremdsprachenkenntnisse vorausgesetzt werden, muss ein Bundesland, das in seinem Wissenschaftsplan die internationale Ausrichtung seiner Hochschulen lobt, auch die Grundlagen dafür zu schaffen. An vielen anderen Hochschulen sind kostenlose Sprachkurse eine Selbstverständlichkeit.

Transfer nicht nur für die Wirtschaft

Die Ergebnisse und Leistungen einer Hochschule sollten nicht nur all ihren Mitgliedern, sondern auch der Gesamtgesellschaft zugutekommen. Auf keinen Fall dürfen die Hochschulen im Land Bremen zu einsamen Elfenbeintürmen verkommen, in denen sich von der Gesellschaft/Außenwelt abgeschnittene Professor*innen an ihre Lehrstühle klammern. Umso erfreulicher ist, dass in Zukunft das Thema Transfer eine größere Rolle spielen wird. Bislang scheint der Wissenschaftsplan damit aber vor allem einen Transfer in die Wirtschaft zu meinen. Wir möchten nicht abstreiten, dass der gesellschaftliche Transfer im Plan erwähnt und auch diskutiert wird, uns fehlt hier ein konsistentes Konzept. Während die Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft gut ausformuliert und angepriesen wird, erfährt der gesellschaftliche Transfer eine eher stiefmütterliche Behandlung. Wir verstehen zwar, wie wichtig der wirtschaftliche Transfer für die Entwicklung der Uni ist, sehen aber nicht ein, warum der gesellschaftliche weniger Aufmerksamkeit verdienen sollte. So kann doch gerade der Austausch mit der Gesellschaft und das Aufnehmen neuer Ideen sowohl die Hochschulen als auch das gesamte Land Bremen voranbringen. Vor allem in Anbetracht des Erstarkens einer neuen (faschistischen) Rechten ist ein Austausch der Sozial- und Geisteswissenschaften mit der Zivilgesellschaft essentiell. Zudem sind es gerade diese Disziplinen, die fundierte Antworten auf die Umbrüche und Probleme geben können, die etwa durch die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche entstehen – eine rein technische Betrachtung dieser Entwicklungen greift zwangsläufig zu kurz.

Hier wird deutlich, dass Transfer keine Einbahnstraße ist. Wenn wir wollen, dass die Hochschulen sich mit wichtigen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen, müssen wir diesen Themen auch in den Hochschulen ihren Raum geben. Dies ist anscheinend noch nicht bei allen Hochschulleitungen angekommen, kommt es doch immer wieder zu Repressionen gegenüber Studierenden, die sich politisch engagieren wollen. Politische Meinungsäußerung wird häufig ungern gesehen und versucht, mit allen Mitteln zu verhindern. Wenn in Zukunft das Thema Transfer ernst genommen werden soll, muss dieses Verhalten der Hochschulleitungen aufhören und das allgemeinpolitische Mandat der ASten und der verfassten Studierendenschaften ernst genommen werden.

Zivilklausel muss durchgesetzt werden!

Eine große Leerstelle hat der Plan bei der Zivilklausel, die gerade beim Thema wirtschaftlicher Transfer nicht außer Acht werden sollte. Eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft mag zwar richtig und wichtig sein, jedoch müssen die Hochschulen dabei weiterhin der friedlichen und zivilen Forschung verpflichtet sein. Zu oft wurde in der Vergangenheit versucht, die Vorgaben der Zivilklausel durch das “Dual-Use”-Argument zu umgehen – dies muss in Zukunft durch verbindliche Regeln unterbunden werden. Die schönen Worte zum Thema Transfer dürfen unter keinen Umständen dafür missbraucht werden, eine Zusammenarbeit mit in der Rüstungsindustrie verwurzelten Unternehmen zu rechtfertigen. Dass eine so wichtige Errungenschaft wie die Zivilklausel nicht im Plan erwähnt wird, ist für uns Anlass zur Sorge.

Exzellenz auch ohne Exzellenz-Initiative?

Wieder einmal Thema ist auch in diesem Wissenschaftsplan die Exzellenzinitiative. Nach dem Scheitern der Universität in der jetzigen Runde wird häufig betont, dass mit dem MARUM weiterhin “exzellente” Forschung an der Uni Bremen stattfinde. Trotzdem bleibt nicht verborgen, dass Land und Universität sich mehr erhofft haben. Das Scheitern von gleich vier Cluster-Skizzen offenbart, wie abhängig sich die Uni von der Initiative gemacht hat. Trotzdem wird auch mit diesem Plan das Spiel weiter kritiklos mitgespielt, als wäre nichts passiert und als gäbe es keine negativen Aspekte an dem auf Konkurrenz ausgelegten Exzellenzsystem. Wir können zwar nachvollziehen, dass die Exzellenzinitiative momentan die einzige Möglichkeit der Universität darstellt, an Mittel aus dem Bundeshaushalt zu gelangen. Unsere Kritik richtet sich deswegen nicht an die Teilnahme am System an sich, sondern an das System selbst und das kritiklose Hinnehmen der aktuellen Situation durch Universität und Land. Wir fordern, dass beide Akteur*innen ihr Schweigen endlich brechen und sich gegen das ungerechte Wettbewerbssystem auszusprechen, anstatt es ohne zu Murren in der nächsten Exzellenz-Runde wieder zu versuchen. Nur so lässt sich eine Lösung für dieses Dilemma finden und langfristig eine solide Grundfinanzierung des gesamten Hochschulwesens erreichen.

Keine Macht dem Rektor!

Nach dieser Abrechnung mit der Exzellenzinitiative bleibt noch ein weiterer wichtiger Kritikpunkt. Nach unserer Ansicht ist die Übertragung des Rechts, Studiengänge zu schließen, zu ändern oder zu öffnen, an die Rektor*innen eine nicht tolerierbare und gefährliche Einschränkung demokratischer Mitbestimmungsrechte der Statusgruppen in den Hochschulen. Die Entscheidungsmacht über die Schließung von Studiengängen darf auch in Zukunft nicht in der Hand einer einzelnen Person liegen, denn gerade bei solch wichtigen Angelegenheiten müssen die Studierenden beteiligt werden. Wir verurteilen diese unverhältnismäßige Verlagerung von Kompetenzen deswegen aufs schärfste und verlangen, dass sie aus der jetzigen Fassung des Plans ersatzlos gestrichen wird!

Studentische Hilfskräfte haben mehr verdient!

Darüber hinaus möchten wir die Gelegenheit nutzen und auf die Situation der Studentischen Hilfskräfte an den Hochschulen im Land Bremen aufmerksam machen. Diese finden im Wissenschaftsplan überhaupt keine Erwähnung, obwohl sie das Fundament der Lehre und Forschung in allen Bereichen der Hochschulen darstellen, darüber hinaus nehmen sie auch viele Aufgaben in der Verwaltung oder betreuen die Garderobe in der SuUB. Die Bedeutung ihrer Aufgaben spiegelt sich jedoch ins keinster Weise in ihren Arbeitsverhältnissen wieder, die geringe Entlohnung ist nur ein Aspekt unter vielen, in denen die SHKs gegenüber regulären Beschäftigen schlechter gestellt sind. Der Wissenschaftsplan wäre deswegen die Chance gewesen ein stimmiges Gesamtkonzept für die SHKs zu entwickeln, stattdessen übergeht man ca. 2000 Beschäftigte vollkommen. Für uns reicht es nicht, wenn der Senat hier erneut auf den „Rahmenkodex über Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen“ verwest, denn offensichtlich ist der Kodex nicht in der Lage befriedigende Beschäftigungsverhältnisse sicherzustellen. Stattdessen wäre nun die Möglichkeit gewesen bestehende Probleme anzugehen und zu lösen. Wir fordern deswegen, dass der Senat sich endlich ernsthaft mit der Lage der studentischen Beschäftigten auseinandersetzt und sich für ihre Forderungen offen zeigt.

Wir hoffen, dass die Wissenschaftssenatorin unsere Kritik ernst nimmt. Nicht zuletzt die Proteste zum Wissenschaftsplan 2020 haben schließlich gezeigt, dass die Studierenden im Land Bremen eine Kraft sind, mit der man rechnen muss, und die weiß, sich mit ihrer Kritik Gehör zu verschaffen.

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